Donnerstag, 13. Februar 2014

Feo Aladag: "Nicht im Spa abhängen" - Premiere für "Zwischen Welten" bei der Berlinale



"Zwischen Welten" (Foto: Berlinale)

Spätestens seit Christian Petzolds Drama „Barbara“ (2010) ist Ronald Zehrfeld einem breiteren Kinopublikum ein Begriff. Damals spielte er an der Seite von Nina Hoss einen Kinderarzt in der ehemaligen DDR, der zur Kooperation mit der Stasi genötigt wird.
Jetzt ist der 37-jährige Berliner mit einem neuen Film im Berlinale-Wettbewerb vertreten: „Zwischen Welten“ heißt die deutsche Produktion, die von der in Berlin lebenden Österreicherin Feo Aladag, 42, („Die Fremde“) inszeniert wurde und Zehrfeld mitsamt der Crew in eine unwirtliche und vor allem unsichere Umgebung katapultierte:  nach Afghanistan. Der Film erzählt von Jesper (Zehrfeld), einem Soldaten der Bundeswehr, der sich zu einem Einsatz in Afghanistan meldet, obwohl sein Bruder dort gestorben ist. Er soll ein abgelegenes Dorf vor den Taliban schützen – ein Dolmetscher soll für die nötige Kommunikation mit der Bevölkerung sorgen. Die Afghanistan-Mission der Deutschen wird in diesem Spielfilm auf ihre humanen Grundzüge heruntergebrochen: Wie geht man mit fremden Ländern und Kulturen um, welchen Sinn macht überhaupt Krieg und: Wieso liegen allerorts ständig die Nerven blank?
Ronald Zehrfeld (Foto: Katharina Sartena)
„Das Grundproblem aller Konflikte ist, dass auf jeder Seite Angst herrscht“, sagt Feo Aladag. „Gäbe es diese Angst nicht, wäre die Welt friedlicher“. Den eigenen Ängsten musste sich auch die Filmcrew stellen, denn Aladag drehte nicht in Marokko, wo die meisten Filme entstehen, die in Afghanistan spielen. „Wir wollten größtmögliche Authentizität, deshalb drehten wir an Originalschauplätzen in Afghanistan“, so Aladag. „Man bekommt doch kein Gefühl für ein Land, wenn man tagsüber bei den Schauplätzen schwindelt und abends im Spa abhängt. Dann wird der Blick vermutlich ein westlicher bleiben“.
Zehrfeld fand dieses Projekt so spannend, dass er sich auf das Risiko einließ: „Ich habe mich mit meiner Familie beraten, ob ich für den Dreh einige Wochen nach Afghanistan fahren soll. Die Entscheidung fiel nicht leicht – schließlich kann dir niemand zu 100 Prozent deine Sicherheit garantieren“, sagt er. Nachsatz: „Aber auch in Berlin kann mich ein LKW beim Zurückschieben überfahren“.
 
Zehrfeld kann den Wunsch, überhaupt bei einem Heer dabei sein zu wollen, überhaupt nicht nachvollziehen: „Ich selbst habe Zivildienst geleistet, es ist mir nicht begreiflich, warum Menschen in einen Krieg ziehen wollen“, so der Schauspieler. Auch Feo Aladag, deren Film bei der Berlinale mit gemischten Kritikerstimmen aufgenommen wurde, sieht keinen Sinn in gewaltsamen Auseinandersetzungen: „Denn man sieht den Menschen in Afghanistan in ihren Gesichtern an, dass dort großes Leid passiert ist. Deshalb war es uns so wichtig, direkt vor Ort zu drehen. Das Umfeld, in dem man kreativ tätig ist, hat einen entscheidenden Einfluss auf das, was man dort erschafft.“

Matthias Greuling, Berlin

Dieser Beitrag erschien auch in "Wiener Zeitung"

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