Sonntag, 17. Februar 2013

Berlinale: Die Gewinner

"Child's Pose" (Foto: Berlinale)
Die Bären 2013 sind vergeben: Der Goldene Bär 2013 geht nach Rumänien an Regisseur Calin Peter Netzer. Der schildert in „Child’s Pose“, wie weit die übertriebene Zuneigung einer Mutter aus der rumänischen Oberschicht zu ihrem Sohn gehen kann: Als er nachts ein Kind anfährt, das kurz darauf verstirbt, muss Barbu ins Gefängnis. Seine Mutter Cornelia will die Angelegenheit mit Geld regeln, ein paar Zeugen bestechen und sogar die Eltern des getöteten Jungen kaufen. Netzers sensibel, aber entschlossen gefilmtes Porträt von Rumäniens Reichen kommt einer Analyse des ganzen Landes gleich: Hier offenbart sich auf wundersame Weise, wie das Funktionieren eines Staates aufrecht erhalten wird, mit Bestechung, Korruption und der Macht des Geldes. Ein würdiger Preisträger.

Danis Tanovic wurde für seinen Film „An Episode in the Life of an Iron Picker“ mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Der bosnische Regisseur, der mit seinem Debüt „No Man’s Land“ bekannt wurde, erzählt darin in eindrücklicher Dramatik vom Schicksal einer Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina, in der die schwangere Ehefrau mit der Diagnose konfrontiert wird, dass das Baby in ihrem Bauch gestorben ist. Allein: Die Familie hat keine Krankenversicherung und der Arzt aus der Klinik weigert sich, sie zu behandeln. Die drohende Katastrophe verdichtet Tanovic in seinem nur 75-minütigen Drama zur Leidensgeschichte einer ganzen, bis heute benachteiligten Bevölkerungsschicht. Hauptdarsteller Nazif Mujic bekam außerdem den Silbernen Bären für den besten Darsteller.

Für Paulina Garcia, die Hauptdarstellerin aus dem Berlinale-Publikumsliebling „Gloria“, gab es den Preis für die beste Schauspielerin. Sie spielt die 58-jährige, geschiedene Titelheldin in dem Drama des Spaniers Sebastien Lelio, der darin von den Wünschen und Sehnsüchten einer Frau berichtet, die dem Alter trotzt und sich gegen Einsamkeit und Depression mit Single-Partys zur Wehr setzt. Diese Auszeichnung ist hochverdient, keine andere Schauspielerin spielte so sympathisch und einnehmend wie Garcia.

Jafar Panahi sitzt im Iran fest, unter Hausarrest, und hat eigentlich Berufsverbot. Dabei ist mit „Pardé“ nun schon sein zweiter Film seit dem Verbot erschienen, und diesmal ehrt die Jury unter dem Vorsitz von Wong Kar-wai Panahis Bestreben, seiner Berufung weiterhin nachgehen zu können, mit dem Preis für das beste Drehbuch.

Bester Regisseur wurde der US-Amerikaner David Gordon Green mit seinem rasch und innovativ-lässig gedrehten „Prince Avalanche“, in dem Paul Rudd und Emile Hirsch die Straßenmarkierungen einer Waldstraße erneuern sollen, dabei immer wieder aneinander geraten und sich wieder vertragen. Ein etwas anderes Buddy-Movie, und zudem das Remake des isländischen Films „Either Way“.

Die Preisträger im Überblick:

Goldener Bär für den besten Film: CHILD’S POSE von Calin Peter Netzer

Großer Preis der Jury (Silberner Bär): AN EPISODE IN THE LIFE OF AN IRON PICKER von Danis Tanovic

Alfred-Bauer-Preis (Silberner Bär): VIC + FLO SAW A BEAR von Denis Côté

Preis für die Beste Regie (Silberner Bär): David Gordon Green für PRINCE AVALANCHE

Preis für die Beste Darstellerin (Silberner Bär): Paulina Garcia in GLORIA von Sebastien Lelio

Preis für den Besten Darsteller (Silberner Bär): Nazif Mujic für AN EPISODE IN THE LIFE OF AN IRON PICKER von Danis Tanovic

Preis für das Beste Drehbuch (Silberner Bär): PARDÉ von Jafar Panahi

Preis für eine Herausragende Künstlerische Einzelleistung: Aziz Zhambakiyev, Kameramann des Films HARMONY LESSONS (Kasachstan)

Weitere Preise unter www.berlinale.de

Matthias Greuling, Berlin

Freitag, 15. Februar 2013

Donnerstag, 14. Februar 2013

Berlinale 2013: Vom Ende der Kompromisslosen

Viel ist dieser Tage in Berlin von der Provokation zu hören. Vom Ungestümen, das dem Weltkino zur Zeit abgeht, weil es auf so viele (nicht allzu neue) Umstände Rücksicht nehmen muss. Auf Budget, auf Moral, auf Zensur oder auf politische Situationen. Immer schwerer ist es, Kunstfilme zu finanzieren, hört man allerorts. Und wer einen Koproduzenten gefunden hat, bekommt von ihm zumeist nicht nur Geld, sondern auch an eigene Wünsche orientierte Änderungsvorschläge. Beim Berliner „Coproduction Market“, der zum zehnten Mal stattfindet, pitchen Filmemacher ihre Projekte vor potenziellen Produzenten und Finanziers. Es ist ein gutes und notwendiges Forum, denn es braucht wieder Innovation ohne Restriktion.
Die Berlinale bemüht sich, diesem Anspruch gerecht zu werden, allerdings nicht ganz mit Erfolg. Auch die kompromissloseste Arbeit muss keine gelungene sein, wie man das im diesjährigen Wettbewerb feststellt. Wong Kar-wais Eröffnungsfilm „The Grandmaster“ (außer Konkurrenz) ist ein 120-minütiger Kampfsportunterricht quer durch die Vielfalt asiatischer Körperverrenkungen – mehr aber auch nicht. Zwar fotografiert Wong Kar-wai (er ist heuer auch Jurypräsident) die Kampfhandlungen in wunderbaren Bildern, aber hinter der immerzu brillanten visuellen Umsetzung macht sich in warmfarbenen Schauwerten schnell Leere und – für unsere Breiten – Unkenntnis der historischen Zusammenhänge breit.  Wong Kar-wai gilt als Kompromissloser, aber das ist nicht gleichbedeutend mit Qualität.
James Franco als Hugh Hefner in "Lovelace" (Foto: Berlinale)
Auch Ulrich Seidl gehört zu den Kompromisslosen. Man hat dem beliebten Provokateur nur allzu gerne die Bühne für den Abschluss seiner „Paradies“-Trilogie geboten, doch sein Film „Hoffnung“ über eine 13-jähriges Mädchen, das sich im Diät-Camp für dicke Teenager in ihren 50-jährigen Arzt verliebt, ist in Berlin überwiegend als der schwächste der drei Teile der Trilogie bezeichnet worden.
„Paradies: Hoffnung“ ist der kürzeste Film der Trilogie, aber auch in den 90 Minuten seiner Laufzeit gibt es immer wieder repetitive Elemente, die – wie schon bei den Vorgängerfilmen – vor allem von der ursprünglichen Struktur des Projekts herrühren: Seidl wollte aus allen drei Geschichten einen Episodenfilm machen, doch die Fülle seines Materials verleitete ihn dazu, es mit drei Filmen in Spielfilmlänge zu versuchen. Mit dem Nachteil einer schwerfälligen Struktur, die am besten in „Glaube“ funktioniert, sonst aber etliche dramaturgische Leerstellen aufweist. Umgekehrt könnte man sagen: Das Spiel mit der Erwartungshaltung nach einem „Skandalfilm“ hat gefruchtet, zumindest, was die Aufmerksamkeit für den österreichischen Film betrifft, den Berlinale-Chef Dieter Kosslick als „mutig und durchaus in der Lage, mehr Selbstvertrauen zu haben“, bezeichnet.
Seidl hat mit „Paradies: Hoffnung“ nicht enttäuscht, aber eben auch nicht überrascht. Als Künstler muss er das nicht, solange er seinen eigenen unkorrumpierbaren Weg geht, aber ein Festival wie die Berlinale braucht Überraschungen.
Die bekommt es leider auch nicht aus Deutschland. Der deutsche Film bei der Berlinale hat einen beinahe noch schlechteren Stand als der heimische in Österreich. Das deutsche Feuilleton ist bekannt für seine lautstark (und zurecht) geäußerte Skepsis gegenüber deutschen Wettbewerbsbeiträgen. Thomas Arslans „Gold“ mit Nina Hoss in der Hauptrolle ist wieder so ein Problemfall des neuen deutschen Innovationsdrangs. Es geht um eine Gruppe von Deutschen, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika auswandern und dort am Klondike nach Gold suchen wollen, zu einer Zeit, als die Nuggets noch hühnereigroß waren und den mittlerweile zerstörten Mythos vom kapitalistischen Amerika festigten. Es wird viel geritten in diesem Film und dabei auf der Tonspur nervtötendes Gitarrenwummern abgelegt. Arslan beschreibt die Reise der Goldgeilen, nicht etwa die Goldsuche an sich. Der Weg zum Klondike ist beschwerlich, und in der Gruppe gibt es Spannungen – doch all das inszeniert Arslan mit plakativen, sehr konstruiert aneinandergereihten Szenen, der man in Spiel, Dekor und Duktus die Künstlichkeit ansieht. Der Weg ist das Ziel? Nein, eher der Schlaf.
Auch international ist es mit der Innovationsfreude, der Provokation, der Frische nicht weit her: Gus van Sant verfilmte mit „Promised Land“ einen Öko-Thriller von und mit Matt Damon, der durchwegs einnehmend, aber auch sehr vorhersehbar wirkt. Frederik Bond scheitert an seinem konfusen All-Star-Sammelsurium „The Necessary Death of Charlie Countryman“ – da nützt auch die Mitwirkung von Shia LaBeouf, Til Schweiger oder Mads Mikkelsen nichts.
Nur abseits des Wettbewerbs tut sich so manche Experimentierfreude auf: Sex in allen Spielformen ist hier das große Thema – als gäbe es keine anderen Erregungen als nackte Haut und entsprechend schlüpfrige Dialoge. Schauspieler Joseph Gordon-Levitt hat mit seinem Regiedebüt „Don Jon’s Addiction“ sich selbst in der Rolle eines Porno-Süchtigen vortrefflich besetzt; der Film macht keinen Bogen um fleischliche Provokation, und auch, wenn Vieles hier noch nach Anfängerfehlern aussieht, so ist „Don Jon’s Addiction“ zumindest in Ansätzen, was man erregt und sexy nennen darf. Rein künstlerisch natürlich.
Eine sexuelle Provokation führt auch Sara Forestier in Jacques Doillons „Love Battles“ vor, in dem sie mit viel Körpereinsatz und der perversen Lust am Schlagen und Geschlagen werden zum Höhepunkt kommt. In „Lovelace“ von Rob Epstein und Jeffrey Friedman wiederum ist Amanda Seyfried als die bekannte 70er-Jahre-Pornoqueen Linda Lovelace im „Einsatz“ und wird von James Franco in der Rolle des jungen Hugh Hefner hofiert. Franco wiederum hat als Regisseur mit „Interior: Leather Bar“ die dereinst aus dem 80er-Jahre-Thriller „Cruising“ entfernten Schwulenszenen nachgestellt, die ihrer expliziten Machart zum Opfer fielen.
Sex kann also noch immer ein bisschen provozieren. Die erhofften, riskanten Impulse für das Weltkino bringen aber auch diese Filme nicht. Wer will schon riskieren? Investoren sicher nicht. Denn die haben noch immer ganz weiche Knie von der Krise. Schon beim Sparbuch lernen wir: Wer auf Nummer Sicher geht, behält sein Geld. Aber reich wird er nicht. Das gilt auch für die Filmkunst.
Matthias Greuling, Berlin
(Dieser Text erschien in einer modifizierten Fassung auch in der "Wiener Zeitung")

Samstag, 9. Februar 2013

PARADIES HOFFNUNG: Ulrich Seidl im Fat-Camp

Der Hattrick ist geschafft: Ulrich Seidl brachte bei der Berlinale am Freitag Abend den dritten Teil seiner „Paradies“-Trilogie zur Uraufführung, und hat damit das seltene Kunststück geschafft, in drei aufeinanderfolgenden A-Filmfestivals im Wettbewerb zu stehen – bislang gelang das nur dem Polen Krzysztof Kieślowski mit seiner „Drei-Farben“-Trilogie.

PARADIES: HOFFNUNG (Foto: Berlinale/Stadtkino)
Nach Cannes („Paradies: Liebe“) und Venedig („Paradies: Glaube“) nun also „Hoffnung“ in Berlin. Und irgendwie passen die jeweiligen Episodentitel auch auf die Orte, an denen sie uraufgeführt wurden. Seidl spricht allerdings nicht von Absicht, sondern Zufall, da er am liebsten alle drei Filme an nur einem Ort gezeigt hätte. Der nun entstandene „Nebeneffekt“: Der Regisseur ist dank der Festival-Tour seit bald einem dreiviertel Jahr europaweit in aller Munde.
„Paradies: Hoffnung“ führt also nun zusammen, was man zu einem vielschichten Leidensweg moderner Frauenschicksale subsumieren könnte:  Nach der missionierenden Christin in „Glaube“ und der Sextouristin in „Liebe“ ist es nun die 13-jährige Tochter der Touristin, die im Mittelpunkt steht: Sie zwangsurlaubt im Diätcamp für übergewichtige Teenager und verliebt sich dort in den viel älteren Camp-Arzt (Josef Lorenz), der ihre unschuldig vorgetragenen Avancen sogar erwidert.
„Paradies: Hoffnung“ ist der kürzeste Film der Trilogie, aber auch in den 90 Minuten seiner Laufzeit gibt es immer wieder repetitive Elemente, die – wie schon bei den Vorgängerfilmen – vor allem von der ursprünglichen Struktur des Projekts herrühren: Seidl wollte aus allen drei Geschichten einen Episodenfilm machen, doch die Fülle seines Materials verleitete ihn dazu, es mit drei Filmen in Spielfilmlänge zu versuchen. Mit dem Nachteil einer schwerfälligen Struktur, die am besten in „Glaube“ funktioniert, sonst aber durchaus dramaturgische Leerstellen aufweist.
Die hier gezeigte Nabelschau schwer übergewichtiger Teenager ist dabei durchaus mit allerlei amüsanten und in ihrer Direktheit und Ungestelltheit entlarvenden Penetranz ausgeführt; Seidl hat – auch dank seiner sehr feinsinnig zusammengestellten Besetzung (allen voran die Laiendarstellerin Melanie Lenz) – wenig Mühe, in den Kosmos einer von Vernachlässigung, Bewegungsmangel und Fadesse gepeinigten Jugend vorzudringen. Sein Film, von der Presse in Berlin mit freundlichem Applaus bedacht, eröffnet den Blick auf eine scheinbar gleichgültige Generation, die kaum Ziele im Leben kennt, die weiter als bis über die nächste Mahlzeit hinausreichen.
Eingebettet in den militärischen Drill des Diät-Camps (mit einem Sportlehrer, wie er im Buche steht, famos interpretiert von Michael Thomas) gelingt Seidl ein fast schon versöhnlicher Abschluss seiner Trilogie: Die Verstörung findet man anderswo, selbst, wenn es hier eine verbotene Lolita-Liebe ohne Aussicht auf Erfüllung gibt. Dieser sonst so kompromisslose Regisseur lässt dem Titel gemäß doch einen Funken Hoffnung zu, ohne seine stilistische Eigentümlichkeit und Präzision aufzuweichen.
- Matthias Greuling, Berlin

Donnerstag, 7. Februar 2013

Schauwert zum Vergessen: THE GRANDMASTER eröffnet die 63. Berlinale

Die Berlinale hat selten Glück bei der Wahl ihrer Eröffnungsfilme. Immer wieder zeigt sich hier, wie schwer die Konvergenz aus Anspruch, Kunst und Breitenwirksamkeit sein kann. Das war schon beim desaströsen Stalingrad-Kriegsfilm „Enemy at the Gates“ im Jahr 2001 so, beim laschen „Cold Mountain“ (2004) aber auch bei dem Abenteuerfilm „Man to Man“ (2005), bei „The International“ (2009) oder im Vorjahr bei dem theatralisch dahindümpelnden „Les Adieux à la reine“. Man könnte zahlreiche weitere Beispiele listen, bei denen die großen Namen ihrer Regisseure viel versprachen, letztlich aber wenig hielten. Es sind mittelmäßig interessante Geschichten, zumeist uninspiriert inszeniert.
Tony Leung in Wong Kar-wais "The Grandmaster" (Foto: Berlinale)
Vielleicht liegt das auch daran, dass der Eröffnungsfilm eines Festivals ein prinzipiell recht undankbarer Spielplatz für das Weltkino ist. Denn erst das, was danach kommt, bleibt im Gedächtnis, und wenn der Preisträger verkündet wird, ist der allererste Film der Filmschau längst vergessen, auch, weil das zumeist Beiträge sind, die außerhalb des Wettbewerbs programmiert werden; sie sollen ein gewisses Star-Potenzial für den Auftakt sicherstellen – und damit die heiß ersehnte Publicity in den Medien bringen. Zugleich aber sollen sie auch eine Art Aushängeschild für ein Festival und seine programmatische Ausrichtung sein, und dieser weit verzweigte Spagat gelingt nur selten. Es endet meist in einem Potpourri visueller Großleistungen ohne Esprit und ohne erzählerischer Relevanz.
Martial-Arts in Reinkultur: "The Grandmaster" (Foto: Berlinale)
So ist es auch in diesem Jahr, in dem zur 63. Berlinale Wong Kar-wais Kung-Fu-Epos „The Grandmaster“ auf dem Programm stand. Es ist wie so oft bei dieser Filmschau ein Mix aus Abenteuer, Historie, Kinomagie und Heldentum, die dieser Programmplatz zu fordern scheint – und ihn nie überzeugend einlösen kann. 20 Monate innerhalb von drei Jahren hat der Filmemacher aus Hongkong benötigt, um die Geschichte zweier chinesischer Kung-Fu-Meister, namentlich Ip Man (Tony Leung) und Gong Er (Zhang Ziyi), in Szene zu setzen, deren Wege sich 1936 am Vorabend der japanischen Invasion, kreuzen. „The Grandmaster“ ist ein 120-minütiger Kampfsportunterricht quer durch die Vielfalt asiatischer Körperverrenkungen – mehr aber auch nicht. Zwar fotografiert Wong Kar-wai die Kampfhandlungen in wunderbaren Bildern, aber hinter der immerzu brillanten visuellen Umsetzung macht sich schnell Leere und Langeweile breit. Könnte man die Einzelbilder dieses Films großformatig ausdrucken, sie ergäben eine wunderbar farbenprächtige Tapete aus Kampf- und Selbstbeherrschungsmotiven, allesamt gehüllt in eine schwerfällig wirkende Textur.
Dass das Ergebnis dieser zeitintensiven Zusammenarbeit zwar als opulenter, poetischer Martial-Art-Film durchgeht, sich aber zu Gunsten der Kämpferei niemals wirklich auf seine Story rund um Kriegswirren, Täuschung, Anerkennung und Liebe einlässt, macht ihn zu einer langatmigen Studie über die Kunst der Körperbeherrschung. Wong Kar-wai nutzt – weil er auch zeitgleich der Jury-Präsident dieser Berlinale ist – den Rummel um seine Person zur Vermarktung dieses außer Konkurrenz vorgestellten Gemäldes. Aber „The Grandmaster“ wird das Schicksal so vieler anderer Eröffnungsfilme teilen: Er ist schon während des Abspanns in Vergessenheit geraten.
Dabei hat sich Wong Kar-wai wirklich Mühe gegeben, der komplexen Materie des Kung-Fu-Kampfes gerecht zu werden: „Im Rahmen von etlichen Interviews mit Großmeistern bin ich auf demütige, bescheidene und sehr disziplinierte Menschen gestoßen, die ein Stück chinesischer Kultur prägen. Mir ist es ein großes Anliegen, diese Werte und die für viele wohl ungewöhnliche Lebensform einem internationalen Publikum zu präsentieren, Perspektiven zu bieten und Anreize für eine weitere Beschäftigung mit der Thematik zu liefern“, sagte er in Berlin. Allein:  In „The Grandmaster“ erschöpft sich dieses Anliegen leider bloß in warmfarbenen Schauwerten.
- Matthias Greuling

Dienstag, 5. Februar 2013

Ab 7.2.: Berlinale-Zeit

Ab 7.2.2013 berichte ich an dieser Stelle von der
63. Berlinale

in Text-, Foto- und Videobeiträgen.
Vorbeischaun lohnt sich..

Matthias Greuling