Alain Delon bei der Pressekonferenz in Locarno (Fotos: © Matthias Greuling) |
Ja, Delon. Der große, hübsche Mann, den halb Europa
vergötterte, als er bei Visconti spielte, in „Rocco und seine Brüder“, oder als
„Eiskalter Engel“ bei Melville; der an der Seite seiner großen Liebe Romy
Schneider im südfranzösischen „Swimmingpool“ schwamm. Delon ist alt geworden,
aber seine Strahlkraft ist ungebrochen. Adrett sein Auftreten im Jackett,
sauber gescheitelt sein graues, noch immer dichtes Haar. Dementsprechend groß
war das Medieninteresse bei der Pressekonferenz, der einzigen verbliebenen
Möglichkeit, Delon zu lauschen.
Seine Nervosität war stark zu spüren. Delon, der öffentliche
Auftritte in den letzten Jahren auf ein Minimum beschränkt hatte, war schon bei
der Preisverleihung auf der Piazza Grande am Donnerstag Abend mit sieben
Bodyguards angerückt, die ihn bestmöglich abschirmen sollten. Auch in der überhitzten, schwülen Umgebung des Spazio Forum
in Locarno, in dem die Pressekonferenz stattfand fühlte er sich sichtlich
unwohl. Aber er spielte mit, machte ein paar Verlegenheitsscherze, beantwortete
geduldig die Fragen.
„Das Kino von heute“, sagt Delon, „ist für mich völlig
uninteressant. Das liegt daran, dass es kaum gute Stoffe gibt, oder gute
Regisseure. Ein Regisseur muss drei Qualitäten mitbringen: Einmal muss er vor
dem Dreh alle Szenen durchdenken können. Dann muss er es schaffen, während des
Drehs die Schauspieler zu führen. Und schließlich muss er nach dem Dreh im
Schneideraum den Film nochmals inszenieren. Die meisten heutigen Regisseure
haben eines, maximal zwei dieser Talente. Ich hatte Glück, dass es zu meiner
Zeit noch große Künstler gab“. Delon würde gerne wieder Filme drehen: „Gebt mir
gute Rollen. Dann bin ich dabei“.
Erst spät in seiner Karriere gab sich Delon auch für spaßige
Rollen her; etwa trat er als Julius Cäsar in der Realverfilmung „Asterix bei
den Olympischen Spielen“ (2008) auf. „Ich habe die komischen Rollen aber lieber
immer Jean-Paul Belmondo überlassen“, scherzte Delon in Locarno. „Wann immer
Belmondo den Raum betrat, haben alle gelacht. Wann immer ich hereinkomme,
bleibt es still. Es war also gut, dass ich nicht mehr Komödien gemacht habe“.
Überhaupt sei die Tragik schon immer Teil seines Lebens
gewesen, meinte Delon. „Ich komme aus einfachen Verhältnissen, niemand aus
meiner Familie war beim Film. Ich war mit 18 beim Militär, in Indochina. Es
kann durchaus sein, dass die Tragik ein Element meiner Persönlichkeit ist“.
Nicht minder tragisch ist Delons ungebrochene Zuneigung zu
seiner großen Liebe Romy Schneider (die er einst wegen einer anderen verlassen
hatte). „Wenn man mich fragte, wen ich am meisten vermisse von all den Menschen,
mit denen ich gearbeitet habe, dann ist das Romy Schneider. Sie war eine fantastische
Schauspielerin, sie war unglaublich“, sagt Delon. Es sind die letzten Worte
seines Kurzauftrittes in Locarno. „Unser gemeinsamer Film ‚Der Swimmingpool‘
war wunderbar“, schließt Delon. „Aber ich schaffe es heute nicht mehr, ihn mir
anzusehen“.
Das abgesagte Interview, das hatte man dem gerührten Delon da
schon beinahe wieder verziehen.
-Matthias Greuling, Locarno
Hier noch unser Video-Mitschnitt von der Pressekonferenz mit Alain Delon:
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