Mittwoch, 7. September 2016

Nick Cave trauert in 3D

Mit „One More Time With Feeling“, nur heute, am 8. September 2016, in den Kinos zu sehen, verarbeitet Nick Cave den Tod seines Sohnes Arthur.

Von Matthias Greuling, Venedig

Nick Cave ist mit seinem neuen Album „Skeleton Tree“ derzeit in aller Munde. Am heutigen 8. September beschert der australische Musiker seinen Fans ein gewaltiges Zusatzgeschenk in Form eines schwarzweißen Dokumentarfilms in 3D, der nur an diesem Tag weltweit in den Kinos zu sehen sein wird.

Nick Cave (Foto: La Biennale di Venezia)

Hintergrund für die Doku „One More Time With Feeling“ war der Tod von Caves erst 15-jährigem Sohn im Sommer 2015. Damals war Arthur Cave, nach Einnahme von LSD, von einer Klippe gestürzt und tödlich verunglückt. Diese schwere Zeit der Trauer hat Cave nicht nur in seinem Album, sondern auch in besagtem Film verarbeitet, den sein langjähriger Freund Andrew Dominik („Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“) in Szene gesetzt hat. 
„Nick wollte, dass ein Freund diese Arbeit macht, aber einer, der nicht allzu nahe an seinem Familienleben dran ist. Ich war sehr oft in Nicks Zuhause, aber ich war nie der beste Freund, mit dem er alles teilte. Genau das suchte er, um seine Gefühle über den Verlust des Sohnes besser transportieren zu können“, sagt Dominik im Interview mit der Wiener Zeitung beim Filmfestival von Venedig.
Dominik sammelte hunderte Stunden teils sehr intimes Videomaterial, das er zu einem Film verdichtete. „Man muss sich das so vorstellen: Aus 100 Stunden machst du 10, aus 10 machst du zwei, aus zwei machst du 20 Minunten - und dann hast du den ersten Teil deines Films fertig“. Viel Arbeit? „Sehr viel Arbeit!“
Aber der Film ist rechtzeitig fertig geworden und funktioniert nicht nur als Illustration zu Caves neuer Platte, weil er sämtliche Songs (bis auf einen) in Bilder umsetzt, sondern ist auch ein Blick auf eine geschundene Seele. „Ich kann definitiv sagen: So wie hier hat man Nick Cave noch nie gesehen“, verspricht Dominik.
Andrew Dominik (Foto: Katharina Sartena)
Der Regisseur, ein Landsmann des Sängers, hat ihn vor 30 Jahren kennen gelernt. „Wir hatten desselben Drogendealer“, gesteht er. „Nick war damals der wilde berühmte Musiker, der gegen alle Regeln verstieß. Irgendwann lernten wir uns kennen und sind uns über die Jahre hinweg immer wieder begegnet“.
Für „One More Time With Feeling“ hat sich Cave schließlich eine Besonderheit einfallen lassen, um seine neue Platte zu vermarkten. „Nick weiß, dass Musiker Interviews geben müssen, wenn sie neue Tonträger rausbringen“, so Dominik. „Aber nach dem Tod seines Sohnes wollte er verständlicherweise mit niemandem darüber reden. Also hat er diesen Film bei mir in Auftrag gegeben - und nun sitze ich hier und rede darüber“.
Cave hat Dominik den Film „abgekauft“, er wollte die finale Kontrolle über den Look und den Inhalt. „Aber Nick hat meinen Schnitt schließlich nicht verändert“, freut sich Dominik. 
Auch aus dem Off spricht Cave im Film zu seinen Fans, sinniert über das Leben und über den Tod. „Ich gab ihm thematische Vorgaben, er nahm daraufhin all seine Gedanken dazu auf“, so Dominik. „Aus diesem Audiomaterial entstand schließlich der Sound-Teppich und das Voice Over“.
Dass der Film nach seiner Premiere beim Filmfestival von Venedig nur einen einzigen Tag lang im Kino gezeigt wird, ist auch eine Idee des Musikers. „Nick wollte das so. Ob es „One More Time With Feeling“ eines Tages auf DVD geben wird oder ob einzelne Sequenzen als Videos ausgekoppelt werden, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist allein Nicks Entscheidung“. 

Die Kinokarten dürften also knapp werden.

(Auch in der WZ erschienen)

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