Wenn Pierce Brosnan den Raum betritt, dann schwebt da eine
gewisse Aura mit: Sie enthält eine Mischung aus britischem Understatement,
nobler Eleganz und einem Hauch Agenten-Charme. Seine 60 Lebensjahre brachten
ein paar Altersflecken auf der Stirn, und auch das Agenten-Dasein hat er schon
gut eine Dekade hinter sich. Trotzdem ist Brosnan eine stattliche Erscheinung;
seine Höflichkeit (er schüttelt jedem Journalisten die Hand und erkundigt sich
nach dessen Herkunft) ist beispiellos in der Branche – was auch daran liegen
mag, dass er kaum schlechte Erfahrungen mit der Presse gemacht hat. „Ja, klar,
zu James-Bond-Zeiten war das Interesse enorm. Aber mittlerweile kann ich ganz
gut alleine auf die Straße gehen und werde nie belästigt. Ich musste auch nie
Paparazzi verklagen oder so was“, sagt er mir bei der Berlinale.
British: Pierce Brosnan (Foto: Katharina Sartena) |
Brosnan macht einen entspannten Eindruck, ist relaxed und
besonnen. Seine neue Komödie wird hier in Berlin aufgeführt, „A Long Way Down“
nach einem Text von Nick Hornby, der sich um vier Menschen dreht, die zufällig
alle zur selben Zeit vom selben Londoner Hochhaus springen wollen, weil sie aus
unterschiedlichen Gründen das Leben leid sind. Selbstmord, für Brosnan
nachvollziehbar? „Durchaus“, sagt er nachdenklich. „Es gibt viele Gründe, die
ich verstehen kann, weshalb jemand nicht mehr leben will. Aber es lohnt sich
immer, das Leben positiv zu sehen“. Brosnan selbst ist von Schicksalsschlägen
nicht verschont geblieben: 1991 starb seine damalige Frau an Krebs.
Und er selbst hat es auch schon einmal unmittelbar mit einer
Selbstmord-Kandidatin zu tun bekommen. „Ich erinnere mich an eine Geschichte,
die mir passierte, als ich gerade die TV-Serie ‚Remington Steele‘ drehte, das
war Mitte der Achtziger. Damals stand ich in einer Drehpause auf einer Brücke
und lernte meinen Text für die nächste Szene – und dann stand da plötzlich ein
junges Mädchen, das ins Wasser springen wollte. Ich habe sie angefleht, das
nicht zu tun. Schließlich habe ich es zumindest geschafft, dass sie das
Vorhaben aufgab. Ich weiß aber nicht, was aus ihr geworden ist“
Brosnan und Toni Collette (Foto: Katharina Sartena) |
Aber Crowdpleaser pflastern die Filmkarriere des Pierce
Brosnan, die ist er beinahe schon gewöhnt. „Woran man sich allerdings nie
gewöhnt, dass sind die Auftritte auf dem Roten Teppich, die Interviews, die
Fototermine – denn zwischen den Filmen, die man dreht, liegen lange Pausen,
bevor man dann plötzlich wieder im Rampenlicht steht. Das ist immer seltsam.
Aber ich denke mir dann: Sakko drüber, Schultern zurück, Brust raus und einfach
durch!“
(Foto: Katharina Sartena) |
Der noble Brosnan, der einem diese Worte in bestem British
English kredenzt, leidet nicht nur unter dem Scheinwerferlicht der
Premierenpartys, sondern auch unter einer Rolle, die ihm für alle Zeiten
anhaften wird: James Bond. Man traut sich gar nicht, ihn darauf anzusprechen,
doch dann tut er es selbst: „James Bond wird mich mein Leben lang verfolgen.
Man bekommt diese Rolle einfach nicht los. Egal, wohin ich komme, ich werde
immer darauf angesprochen“. Eine echte Bürde also? „Nein, eine Bürde ist das
keine. Denn das war das beste Jahrzehnt meines Lebens.“
Matthias Greuling, Berlin
Dieser Beitrag erschien auch in der Wiener Zeitung
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