"Zwischen Welten" (Foto: Berlinale) |
Spätestens seit Christian Petzolds Drama „Barbara“ (2010)
ist Ronald Zehrfeld einem breiteren Kinopublikum ein Begriff. Damals spielte er
an der Seite von Nina Hoss einen Kinderarzt in der ehemaligen DDR, der zur
Kooperation mit der Stasi genötigt wird.
Jetzt ist der 37-jährige Berliner mit einem neuen Film im
Berlinale-Wettbewerb vertreten: „Zwischen Welten“ heißt die deutsche
Produktion, die von der in Berlin lebenden Österreicherin Feo Aladag, 42, („Die
Fremde“) inszeniert wurde und Zehrfeld mitsamt der Crew in eine unwirtliche und
vor allem unsichere Umgebung katapultierte:
nach Afghanistan. Der Film erzählt von Jesper (Zehrfeld), einem Soldaten
der Bundeswehr, der sich zu einem Einsatz in Afghanistan meldet, obwohl sein
Bruder dort gestorben ist. Er soll ein abgelegenes Dorf vor den Taliban
schützen – ein Dolmetscher soll für die nötige Kommunikation mit der
Bevölkerung sorgen. Die Afghanistan-Mission der Deutschen wird in diesem
Spielfilm auf ihre humanen Grundzüge heruntergebrochen: Wie geht man mit
fremden Ländern und Kulturen um, welchen Sinn macht überhaupt Krieg und: Wieso
liegen allerorts ständig die Nerven blank?
Ronald Zehrfeld (Foto: Katharina Sartena) |
„Das Grundproblem aller Konflikte ist, dass auf jeder Seite
Angst herrscht“, sagt Feo Aladag. „Gäbe es diese Angst nicht, wäre die Welt
friedlicher“. Den eigenen Ängsten musste sich auch die Filmcrew stellen, denn
Aladag drehte nicht in Marokko, wo die meisten Filme entstehen, die in
Afghanistan spielen. „Wir wollten größtmögliche Authentizität, deshalb drehten
wir an Originalschauplätzen in Afghanistan“, so Aladag. „Man bekommt doch kein
Gefühl für ein Land, wenn man tagsüber bei den Schauplätzen schwindelt und
abends im Spa abhängt. Dann wird der Blick vermutlich ein westlicher bleiben“.
Zehrfeld fand dieses Projekt so spannend, dass er sich auf
das Risiko einließ: „Ich habe mich mit meiner Familie beraten, ob ich für den
Dreh einige Wochen nach Afghanistan fahren soll. Die Entscheidung fiel nicht
leicht – schließlich kann dir niemand zu 100 Prozent deine Sicherheit
garantieren“, sagt er. Nachsatz: „Aber auch in Berlin kann mich ein LKW beim
Zurückschieben überfahren“.
Zehrfeld kann den Wunsch, überhaupt bei einem Heer dabei
sein zu wollen, überhaupt nicht nachvollziehen: „Ich selbst habe Zivildienst
geleistet, es ist mir nicht begreiflich, warum Menschen in einen Krieg ziehen
wollen“, so der Schauspieler. Auch Feo Aladag, deren Film bei der Berlinale mit
gemischten Kritikerstimmen aufgenommen wurde, sieht keinen Sinn in gewaltsamen
Auseinandersetzungen: „Denn man sieht den Menschen in Afghanistan in ihren
Gesichtern an, dass dort großes Leid passiert ist. Deshalb war es uns so
wichtig, direkt vor Ort zu drehen. Das Umfeld, in dem man kreativ tätig ist,
hat einen entscheidenden Einfluss auf das, was man dort erschafft.“
Matthias Greuling, Berlin
Dieser Beitrag erschien auch in "Wiener Zeitung"
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