Alicia Vikander und Michael Fassbender sind das neue Traumpaar Hollywoods. Dumm nur, dass sie es nicht zeigen (dürfen).
Von Matthias Greuling, Venedig
Manche „Interviews“ sind bei Filmfestspielen längst keine solchen mehr, sondern streng organisierte PR-Veranstaltungen. Alicia Vikander und Michael Fassbender sind hier am Lido von Venedig, um ihren Film „The Light Between Oceans“ vorzustellen - und mit ihnen eine ganze Entourage an PR-Leuten, an Stylisten, Beratern, „Publicists“ und sonstigen Menschen, die sich wichtig fühlen. Das ist zwar bei jedem halbwegs zugänglichen Film so, in dem Stars mitspielen, aber in diesem ganz besonderen Falls gibt es einiges zu beschützen vor den gierigen Presse-Vertretern, denn schließlich will ja niemand, dass einem die „Bild“ oder der „Blick“ oder die „Gala“ hinterrücks eine drüberzieht. Paranoia hat bei diesem Filmfestival von Venedig einen besonderen Stellenwert, nicht nur in Bezug auf den Terrorismus, der dem Lido starke Polizeipräsenz mit schwerer Bewaffnung beschert hat. Nein, auch das private Wohl der Stars will geschützt sein.
Michael Fassbender mit Alicia Vikander (Foto: Katharina Sartena) |
Dazu muss man die Brisanz, die hinter „The Light Between Oceans“ steckt, erst einmal kennen. Als dieser Film in der Einsamkeit einer Mini-Insel in Neuseeland vor zwei Jahren gedreht wurde, und zwar unter der Regie von Derek Cianfrance, da war die Crew so klein, dass sich zwischen Vikander, der burschikosen Schwedin, und Fassbender, dem hünenhaften Iren, eine Romanze entwickelte, die zu einer Beziehung wurde und bis heute anhält. Dazwischen gelang sowohl ihm als auch ihr ein kometenhafter Aufstieg in der jeweiligen Karriere - und Vikander krönte sie heuer sogar mit einem Oscar für „The Danish Girl“. Seither sind Journalisten und Fotografen hinter den beiden her, als gäbe es kein Morgen.
Worüber sich PR-Menschen eigentlich freuen sollten - nämlich, dass hier in Venedig im Wettbewerb eines künstlerisch dominierten Festivals ein neuer Film seine Premiere erlebt, dessen Hauptdarsteller zufällig gerade zum privaten Traumpaar Hollywoods geschrieben werden und dieser Umstand millionenschwere Werbekampagnen überflüssig machen kann - versetzt sie stattdessen sichtlich in helle Panik.
Die Journalisten bei den Interviewrunden werden dazu angehalten, nicht nur ihre Meinung über den Film schriftlich vor Beginn der Interviews abzugeben, sondern sollen auch Vereinbarungen unterzeichnen, dass diese Interviews nur für ein Medium, nur einmal und nur zum Filmstart veröffentlicht werden dürfen. Keine neue Taktik im Kontrollwahn der PR-Branche über den Journalismus - und schon immer der Tod freier Schreiber und all jener, die gerne kritisch sind. Weshalb man solche Dokumente prinzipiell nicht unterzeichnet.
Wieso auch? Die hübsche Vikander und der smarte Fassbender sagen sowieso nur das, was sie gerne sagen wollen, egal, wie die Frage lautet. Dahinter steckt ein weiterer Schachzug der PR-Branche: Ein allgemeines Briefing der Beteiligten soll missverständliche Aussagen verhindern und eine möglichst einheitliche Berichterstattung sicherstellen - natürlich eine positive. Journalisten, die dem nicht folgen, könnten beim nächsten Mal vielleicht eben auf die schwarze Liste gesetzt werden, und führen ohne Interview nach Hause.
Dass Vikander und Fassbender in unserem Gespräch erzählt haben, wie glücklich sie nicht bei den Dreharbeiten in der Natur waren, wie toll der Drehort nicht gewesen ist, wie unglaublich der Erfolg ist, den sie gerade haben und wie geschmeidig man sich in historischen Kostümen doch in eine Figur einfühlen kann, dafür hätte man diese Interview-Tortur bei 34 Grad in unklimatisierter Mittagshitze nicht hinnehmen müssen. Ein Blick ins Presseheft hätte genügt, oder auch: Einfach den New Yorker Kollegen anrufen, dem haben sie ein paar Tage davor nämlich dasselbe erzählt.
Spannende Geschichten entstehen auf diese Weise jedenfalls nicht. Und private Fragen werden generell von vornherein umschifft, auch wenn sie wie hier direkt mit dem Film zu tun haben. Vor vorgeschalteten PR-Agenturen, die ihre unsanft übergestülpten Konzepte über ihnen anvertraute Filmproduktionen bringen, sollte gewarnt werden. Dem Film nutzt das nämlich nicht.
Auf ihrem ersten gemeinsamen roten Teppich tauschte das Traumpaar Vikander-Fassbender folgerichtig ebenfalls keinerlei Zärtlichkeiten aus. Man verhielt sich wie professionelle Kollegen das eben tun, zwar herzlich, aber respektvoll, zurückhaltend. Privat bleibt privat. Das ist auch gut so. Wenn das ganze nur nicht so inszeniert ausgesehen hätte.
Aus irgendeinem Grund befürchten die PR-Experten nämlich, dass die Liebe, die man in „The Light Between Oceans“ auf der Leinwand sieht, zu wenig gespielt (oder: zu echt) aussieht. Das Kino ist nun einmal eine Illusionsmaschine, und diesen Satz würden sogar wir unterzeichnen. Aber es darf keine Lüge sein, doch der Grat dieses heiklen Balanceakts ist eben schmal.
Vikander und Fassbender zogen am selben Tag übrigens noch weiter nach Paris, zur nächsten PR-Veranstaltung. Dort sollen sie auch noch gesagt haben, wie toll es war, mit einer solch kleinen Crew zu drehen und es sich Abends im Wohnwagen bequem zu machen. Waren ja dann doch ein paar romantische Worte dabei.
(Auch in der WZ erschienen)
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