Sophia Loren unter Fotografen in Cannes (Foto: Katharina Sartena) |
Es ist die Woche der Kinolegenden in Cannes: Die glänzenden
Namen der Vergangenheit lässt man hier an der Croisette gerne aufleben, zumal
viele von ihnen letztlich für den Ruf dieses weltbekannten Festivals
mitverantwortlich sind.
Da ist zum einen Marcello Mastroianni, der vom diesjährigen
Festivalplakat herunterlächelt und so wie ein Patron über die 67. Ausgabe der
Festspiele wacht. Dann sind da die betagten Legenden wie etwa Sophia Loren, die
vom Festival als Ehrengast eingeladen wurde und hier eine Lecture über die
großen Tage des Kinos hielt. Die Loren wird im September 80, zeigte sich aber in
jugendlicher Vergnügtheit am roten Teppich. Für die Fotografen hatte sich die
Loren sogar den Spaß gemacht, sich selbst in deren Mitte fotografieren zu
lassen.
Nicht minder gut gelaunt gab sich Cathérine Deneuve,
ebenfalls schon 70, aber niemals arbeitsmüde: Sie kam zur Premiere des außer
Konkurrenz laufenden neuen Films von André Téchiné, der bei der Kritik
(zurecht) durchfiel. Deneuve nahm’s gelassen und zündete sich beim Fototermin
partout eine Zigarette an.
Auch Gérard Depardieu gehört zur alten Garde der Kinogrößen:
Er spielt in Abel Ferraras neuem Film „Welcome to New York“ die Hauptrolle, der
sich um einen Sex-Skandal, angelehnt an den Fall Dominique Strauss-Kahn, dreht.
Der Film wurde nicht nach Cannes eingeladen, und so organisierten die
Produzenten kurzerhand selbst ein Screening in einem der Kinos der Stadt. Der
Film kommt auch nicht in die Kinos, sondern wurde von Ferrara zum
Gratis-Download ins Netz gestellt. Über den offiziellen roten Teppich ging
Depardieu dann trotzdem, auch, weil er eine Art französisches Nationalheiligtum
ist.
Und dann ist da nicht zuletzt „Nouvelle Vague“-Legende
Jean-Luc Godard, dessen neuer Film-Essay „Adieu au langage“ (sein erster in 3D)
im Wettbewerb läuft. Allein: Von Godard gibt es in diesem Jahr keine Fotos,
denn der 83-jährige Wahlschweizer ist erst gar nicht nach Cannes gereist,
sondern schickte nur seine Schauspieler. Jemand wie er setzt sich dem
Gekreische einfach nicht mehr aus.
Vielleicht ist Godards Fernbleiben gar nicht so schlecht für
das Festival, und auch ein Zeichen. Schließlich hat man mehr und mehr das
Gefühl, es regiere hier ein elitärer
Altherren-Club, der die immer gleichen Regisseure einlädt (Ken Loach, Mike
Leigh, David Cronenberg, etc.) und sich mehr u
Catherine Deneuve raucht gern. (Foto: Katharina Sartena) |
nd mehr selbst zu feiern scheint. Die Essenz von Cannes ist da schnell nur mehr noch seine eigene Reproduktion, wenn man nicht bald mehr auf junge Impulse im Wettbewerb setzt.
Jane Campion, bislang die einzige Frau, die eine Goldene
Palme gewann, hätte mit ihrer Jury am Samstag die Möglichkeit, das Bild von
Cannes als führendes, innovatives Filmfestival wieder zurecht zu rücken, indem
sie die Preise entsprechend vergibt. Naomi Kawases Film „Futatsume no mado“ aus
Japan wäre ein Kandidat (und die zweite Palme für eine Frau), aber an den
Schwergewichten der traditionsbewussten Auswahl wird schwer vorbeizukommen
sein: Die Dardenne-Brüder liegen gut im Rennen, aber auch der Türke Nuri Bilge
Ceylan. Sie sind auch nicht mehr die jüngsten, aber immerhin haben ihre
Arbeiten Qualität und nicht den Charakter eines filmischen Museums.
Matthias Greuling, Cannes
Dieser Beitrag ist auch in der Wiener Zeitung erschienen.
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