Er ist ein Mann von gewichtiger Durchsetzungskraft. Das hat
aber wenig mit der stattlichen Figur Luc Bessons zu tun als vielmehr mit seiner
ihm immanenten Zielstrebigkeit: Für die Filme seiner Produktionsfirma
Europacorp unternimmt er seit Jahren große Anstrengungen, um internationale
Kinohits Made in Europe herzustellen. Dazu gehören unter anderem seine eigenen
Regiearbeiten wie „Das fünfte Element“, „Léon, der Profi“ oder „Nikita“, aber
auch von ihm produzierte und/oder geschriebene Action-Franchises wie die
„Taxi“-Reihe oder die „Transporter“-Filme.
Luc Besson (rechts) mit Locarno-Chef Carlo Chatrian (Foto: Katharina Sartena) |
Wie geht das, alle Berufe – vom Produzenten über den
Drehbuchautor bis hin zum Regisseur – in einer Person zu vereinen? „Ganz
einfach: Das ist genauso wie wenn Sie Ehemann, Vater, Sohn oder Cousin zugleich
sind. Alle vier sind anstrengende Jobs, und genauso kann man Regisseur, Autor
oder Produzent zugleich sein“. Die einfachste Aufgabe sei dabei der
Produzentenjob, findet Besson: „Als Autor stehe ich früh morgens um 4 auf und
verbringe die Zeit nur mit mir und einem Computer. Ein sehr einsamer Job. Als
Produzent muss ich meine Visionen nur mit meiner Crew teilen, das ist leicht.
Die schwierigste Aufgabe jedoch ist es, den Film als Regisseur draußen im Feld
zu inszenieren“, findet Besson.
Starvehikel "Lucy"
Sein neues Action-Vehikel „Lucy“ ist derzeit der
Sommer-Kinohit in den USA. Die Studentin Lucy (Scarlett Johansson) gerät
unvermittelt zu einem Job als Drogenkurierin. Weil die Droge in ihrem Körper
aus der Verpackung platzt, hat sie – anstatt zu sterben – plötzlich übersinnliche
Fähigkeiten. Ein Action-Rausch von Minute eins an – mit spektakulären
Verfolgungsjagden durch Paris und einem am Ende doch recht sinnfreien Ausgang.
„Ich wollte eine Figur zeigen, die nichts Besonderes ist,
sondern erst durch außergewöhnliche Umstände besonders wird“, sagt Besson. „Im
Unterschied zu meinen bisherigen weiblichen Filmheldinnen wie Jeanne d’Arc,
Nikita oder Leeloo: die brachten schon eine gewisse weibliche Power mit auf die
Leinwand“.
Weil in diesem Jahr auch Roman Polanski beim Filmfestival in
Locarno weilen wird, sprach man Besson auch auf jene Petition für die
Freilassung Polanskis an, die viele Künstler 2011 unterzeichnet hatten, als
Polanski in Zürich festgenommen wurde und monatelang unter Hausarrest stand,
nicht wissend, ob man ihn an die USA ausliefern würde. Besson hatte damals
nicht unterzeichnet. „Ich wurde aber missverstanden“, sagt er. „Ich liebe
Polanski. Alles, was ich damals gesagt habe, war, dass jemand, der in
Schwierigkeiten mit dem Gericht ist, diese selbst klären sollte. Ich spreche
nicht für und nicht gegen Polanski und ich kann auch keine Petition
unterzeichnen, wenn ich den Sachverhalt nicht kenne, was damals wirklich
passiert ist“, so Besson.
Dass man den 55-jährigen Franzosen für den amerikanischsten
aller französischen Filmemacher hält, kümmert ihn kaum. „Das kann schon sein,
aber ich glaube nicht, dass Kunst einen Reisepass benötigt. Ich bin ein
Künstler, und da ist es doch egal, welche Herkunft ich habe“. Gerade die
Amerikaner seien in diesem Bereich extrem aufgeschlossen, Ideen aus aller Welt
zu effektgeladenen Filmen zu machen, sagt Besson. „Und ganz ehrlich: Die
multikulturelle Welt ist schon toll: Ich kann heute in Island sitzen, Sushi
essen und dabei Reggae-Musik hören. Das ist doch wunderbar“.
Matthias Greuling, Locarno
Dieser Beitrag ist auch in "Wiener Zeitung" erschienen.
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