"The Bling Ring" von Sofia Coppola. Foto: Festival de Cannes |
Alles tatsächlich passiert, im schönen Los Angeles: Die
Geschichte zu Sofia Coppolas neuem Film „The Bling Ring“, der die Nebenreihe
„Un certain regard“ in Cannes eröffnete, hat Schlagzeilen gemacht, die Coppola
zu diesem Film inspirierten. Er enthält Stars (und zugleich Freunde der
Regisseurin), etwa Kirsten Dunst und Paris Hilton. Emma Watson ist hingegen
nicht eine der bestohlenen Stars, sondern selbst Teil der Einbrecher-Gang.
Filmfiguren übrigens, die an Oberflächlichkeit nicht zu überbieten sind und die
beim Anblick eines Frauenschuhschranks ausflippen, als kämen sie aus einer
Zalanado-Werbung.
Hatten die Protagonisten in Hans Weingartners „Die fetten
Jahre sind vorbei“ wenigstens noch einen hehren Weltveränderungsgedanken (sie
wollten wie moderne Robin Hoods die Reichen verunsichern, indem sie ihre Villen
verwüsteten), so sind die Protagonisten in Coppolas „The Bling Ring“ nur mehr
noch verzogene Teenies mit zwei funktionierenden Gehirnzellen. Die linke davon
bewältigt die lebensnotwendigen Aufgaben (Essen, Schlafen), während die rechte
in einer Art Dauerpartymodus die zutiefst oberflächliche Welt der
Hollywood-Stars und It-Girls zu imitieren versucht und zum Verbrauch von
Unmengen an Koks animiert.
Eine ganze Stunde in „The Bling Ring“ vergeht, ehe die
Regisseurin erstmals ihren redundanten Duktus von der Einbrecher-Routine
durchbricht. Denn bis dahin ist man, in immer derselben grellbunten
Partystimmung, mindestens acht Mal bei Paris Hilton zu Gast und muss zusehen,
wie sich die Gören durch ihre Kleiderschränke wühlen. Was dramaturgisch
zunächst völlig Fehl am Platz erscheint, weil sich die Geschichte durch die
ewigen Wiederholungen nicht und nicht vom Fleck bewegt, wird erst im Finale als
durchaus überlegtes Regiekonzept sichtbar: Denn Coppola erzählt die Story
genauso oberflächlich, wie es ihre Protagonisten im echten Leben sind – hier
arbeitet die Regie mit denselben Belanglosigkeiten, die auch das Leben der
Mädchen dominiert. Motto: Was wäre das für ein Leben ohne Chanel, Prada,
Antidepressiva und den Machtrausch, den eine Waffe hervorruft?
Natürlich wird die Bande erwischt und muss sich vor Gericht
verantworten – gerade hier (und wie schon im Vorgänger "Somewhere") übt sich Coppola in viel Zynismus über die
Glitzerwelt, in der sie selbst groß geworden ist: Die Star-Einbrecher werden
schließlich selbst zu Stars, weil die Medien sich auf solche bizarren
Geschichten stürzen. Und die Mädels wissen damit professionell umzugehen –
eigene Website inklusive.
Wer übrigens einmal daheim bei Paris Hilton vorbeischauen
will, weiß nach „The Bling Ring“, wo das It-Girl seinen Hausschlüssel (mit
Eiffelturm-Anhänger!) versteckt: Er liegt links unter der Türmatte.
Matthias Greuling, Cannes
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