Wenn ein Star wie Johnny Depp zum Filmfestival von Venedig kommt, dann herrscht derAusnahmezustand. Denn Depp spielt in der Liga eines George Clooney, der hier auch immer wieder gerne und sehr herzlich willkommen geheißen wird. Depp, 52, mag seine beste Zeit schon hinter sich haben, und auch zahlreiche Filmflops, unter anderem der arg verunglückte „Lone Ranger“, zehren an der Substanz seiner Berühmtheit, und doch ist jemand wie Depp noch immer eine Ausnahmeerscheinung zwischen all den Stars und Sternchen. Woran es liegt, dass für manche Stars mehr geschrieen wird als für andere, ist wohl eine Frage der Aura.
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Neben der Spur: Johnny Depp (Foto: Katharina Sartena) |
Und die stimmt bei Depp auch nach drei Jahrzehnten im Filmgeschäft noch: Seit Depp fast nur mehr noch flächig geschminkt in seinen Filmen auftritt (sei es als „Lone Ranger“ oder als Captain Jack Sparrow), versucht er das im realen Dasein der Publicity-Events der Filmfirmen mit einem gewissen Schlabberlook zu kompensieren. Dabei spielen nicht selten löchrige Hüte eine Hauptrolle, aber diesmal hat Depp darauf verzichtet. Stattdessen knallgrünes Sakko, beige Hose und Schuhe, wie sie ein Gangster in den 30ern getragen haben könnte: Als wirkliche Stilikone geht der Schauspieler wohl nicht durch, dazu fehlt ihm auch die Eleganz.
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Neuer Look... (Foto: Katharina Sartena) |
Wer seinen Look nicht mag, der schaut eben drauf, was Mr. Depp zu sagen hat. Und das ist nicht immer so klar verständlich: Denn Depp hat seine stets leicht angetrunken wirkende Figur des Captain Sparrow aus „Fluch der Karibik“ scheinbar zu nahe an sich rangelassen: Seit einigen Jahren wirken Pressekonferenzen mit Depp immer ein bisschen „schwammig“. „Dizzy“ würde es auch ganz gut treffen. In Venedig war das diesmal besonders spürbar.
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Johnny Depp mit Ehefrau Amber Heard (Foto: Katharina Sartena) |
Der Film, den Depp hier vorstellt, läuft außer Konkurrenz und heißt „Black Mass“, ein Politkrimi, in dem Depp einen Mafiaboss spielt - im für ihn ungewöhnlichen Look mit Glatze. Depp ist James „Whitey“ Bulger, der mit dem FBI-Agenten John Connolly (Joel Edgerton) eine Allianz eingeht.
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Depp mit Filmpartnerin Dakota Johnson (Foto: Katharina Sartena) |
Der konventionell inszenierte Krimi von Regisseur Scott Cooper erhielt hier am Lido freundlichen Applaus, bemerkenswert ist an ihm immerhin die Wandelbarkeit Depps zur völligen Unkenntlichkeit. Diese Illusion ist Depps definiertes Ziel als Schauspieler, wie er in Venedig versichert: „Ich war eigentlich Musiker, das mit dem Schauspielen ist mehr zufällig passiert. Aber in Fernsehserien rumzuhängen, das war nie mein Ziel. Ich wollte wie John Barrymore oder Marlon Brando sein, nicht frustriert in einer Rolle feststecken. Ich sah mich immer mehr als Charakterdarsteller denn als Poster-Starschnitt. Ein Schauspieler hat die Verantwortung, seinem Publikum jedes Mal etwas Neues zu zeigen. Diese Wandelbarkeit ist die Herausforderung an dem Beruf“.
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Amber Heard und Johnny Depp, am Tag nach der Premiere wieder am roten Teppich (Foto: Katharina Sartena) |
Trotz dieser vernünftigen Einstellung wird man an diesem Tag in Venedig den Eindruck nicht los, Johnny Depp wäre längst ein ferngesteuertes Abziehbild seiner selbst, weit entfernt vom Ideal, das er von sich beschwört. So mancher Satz klingt wie gelallt und holprig, und meistens hat Depp wirklich Mühe, der Fragestunde zu folgen.
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Big Love. (Foto: Katharina Sartena) |
So wirklich sicher ist er sich nur in einer Frage: „Ich liebe meinen Boss“, sagt Depp. Und damit meint er die zahllosen Fans, die draußen vor dem Palazzo del Cinema seit den frühen Morgenstunden ausharren, um ihr Idol einmal sehen zu können. Am Abend ist das Geschrei der Menge noch kilometerweit zu hören. „Sie warten seit Stunden, und ich finde, dass diese Menschen meine wirklichen Arbeitgeber sind. Sie gehen ins Kino und zahlen dafür, mich zu sehen. Sie sind mein Boss“. Selbst wenn der Depp seinen Stern langsam sinken sieht: Auf ihm geschwebt ist er nie. Die Bodenhaftung war immer stärker.
Matthias Greuling, Venedig
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