Dakota Johnson sieht aus wie ihr Vater Don Johnson, eher nicht wie Mama Melanie Griffith, und vielleicht ist da ein kleiner Einschlag von Oma Tippi Hedren, dem heurigen Viennale-Stargast, zu erkennen. Aber die Don Johnson’sche Mimik dominiert doch sehr stark den Ausdruck der 25-jährigen Schauspielerin und das verschafft ihr den großen Vorteil, Leidensfähigkeit mit nur wenigen Gesichtszügen darstellen zu können. Zugegeben: Bei Vater Don erschöpfte sich diese Anforderung darin, verzweifelt zu schauen, wenn er in „Miami Vice“ einen kleinen Fleck auf seinem weißen Jackett entdeckte, der - im weißen Ferrari sitzend - natürlich die wohlfeile Einfarbigkeit empfindlich getrübt hätte.
Dakota Johnson hat den Leidensblick (Foto: Katharina Sartena) |
Tochter Dakota ist da zu weit stärkerem Kinoleid berufen: Sie kann ihr leidendes G’schau perfekt für die Sadomaso-Softcore-Schmuse-Romanze „Fifty Shades of Grey“ nutzen, um ihren harten Lover zu zähmen. In Folge eins ist dies ja schon weitgehend geglückt, und vermutlich geht es bald unvermindert so weiter, wenn Teil zwei als „Fifty Shades Darker“ Anfang 2017 in die Kinos kommt.
Jetzt muss Dakota Johnson den schnellen Ruhm erst einmal verdauen, denn: Wie sie mit dem Rummel um ihre Person umgeht, weiß sie selbst noch nicht. „Aber ich lasse es Sie wissen, sobald ich es weiß“, sagt uns die Schauspielerin beim Interview am Lido von Venedig, wo sie in diesem Jahr gleich zwei Filme vorstellt: Mit Johnny Depp spielt sie in dem Gangsterdrama „Black Mass“, und in „A Bigger Splash“, dem Remake von „Der Swimmingpool“ (1969, mit Romy Schneider und Alain Delon) gibt sie die minderjährige Verlockung für Matthias Schoenaerts, der in Delons Rolle geschlüpft ist. „Sie ist eine totale Bitch, die mit den Emotionen anderer Menschen spielt“, sagt Johnson. „Außerdem entdeckt sie gerade ihre Sexualität. Ich finde, der Film ist weniger ein Remake von ‚Der Swimmingpool‘ als vielmehr eine Hommage an ‚Lolita‘“. Nackte Haut muss Dakota auch hier zeigen, sogar mehr als in „Fifty Shades of Grey“.
Klingt ganz danach, als hätte Hollywood einen neuen Erotikstar, eine Sparte von Schauspielerinnen mit alsbaldigem Ablaufdatum, die eigentlich spätestens nach „9 1/2 Wochen“ ausgestorben schien. „Es stimmt nicht, dass ich ausschließlich erotische Rollen angeboten bekomme“, gibt Johnson zu Protokoll. Nachsatz: „Aber es sind viele“. Gottlob will sie ihr „wunderbarer Agent“ davor bewahren, in einem Rollenmuster zu landen, sagt Johnson, die längst meterweise in einem ebensolchen feststeckt. Die Frage drängt sich auf, ob eine gewisse Grund-Naivität und Realitätsferne im Hollywood-Business nicht sogar von Vorteil sein könnte. Wir stellen sie aber dann doch nicht.
Immerhin: „Fifty Shades“ hat sie als Star auf die Landkarte gesetzt, vor Arbeit kann sie sich nicht retten. „Ich habe seit Anfang 2015 vier Filme gedreht, langsam wird es ein wenig viel“, gibt Dakota zu. Dabei ist sie Dreharbeiten schon von Kind an gewöhnt. „Meine Eltern hatten mich ständig ans Set mitgenommen, ich bin endlos viel gereist und kenne die Anforderungen“, so Johnson. Doch auf einmal selbst in der Auslage zu stehen, ist jedenfalls ungewohnt. „Ich glaube aber auch, dass es ungesund ist, wenn man sich zu sehr an den Ruhm gewöhnt. Es ist nicht gut, wenn es alltäglich wird, dass einen alle feiern“, ist sich Johnson sicher. Deshalb gibt sie sich im Interview auch betont schüchtern, trägt hochgeschlossenes Wollkostüm bei 25 Grad und wirkt dadurch noch zerbrechlicher als sie ohnehin schon aussieht.
Und dann sagt sie noch: „Ich leide etwas darunter, dass man mir immer die gleichen Fragen stellt“, und meint damit Fragen nach ihrer Mutter, ihrem Vater, nach dem Einfluss der Familie und ob berühmte Eltern eine Last oder ein Vorteil sind. Sie setzt wieder ihren Mitleidsblick auf. Jetzt hat Dakota Johnson es geschafft: Für einen Moment lang tut sie uns sogar leid.
Matthias Greuling, Venedig
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