„Ach, kommen Sie, so etwas kann man doch nicht sagen“, erwidert Matthias Schoenaerts. Der belgische Schauspieler ist 37 Jahre alt und gilt als die heißeste Aktie, die es im europäischen Kino derzeit gibt.
Matthias Schoenaerts - der neue Delon? (Foto: Katharina Sartena) |
Der Vergleich mit Alain Delon, „dieser Ikone des französischen Films“ (Schoenaerts), ist zumindest unter einem Aspekt betrachtet nicht ganz so weit hergeholt: In „A Bigger Splash“ übernimmt Schoenaerts nämlich die Rolle des einstigen Weltstars: Das Remake von „La piscine“ aus dem Jahr 1969, das Romy Schneider und Alain Delon nach Jahren der Trennung zumindest vor der Kamera wieder vereinte, wurde hier in Venedig uraufgeführt (und ganz schlimm ausgebuht). Darin ist Schoenaerts in Delons einstiger Rolle des eifersüchtigen Liebhabers von Marianne (im Original: Schneider, im Remake: Tilda Swinton) zu sehen, der den Widersacher (neu: Ralph Fiennes, alt: Maurice Ronet) brutal im Swimmingpool ertränkt.
Szene aus "A Bigger Splash" (Foto: La Biennale di Venezia) |
„Man kann den alten und den neuen Film einfach nicht miteinander vergleichen“, findet Schoenaerts. „Das Kino von damals war ganz anders“, oder anders gesagt: „Das Kino ist nicht mehr das, was es einmal war“.
Aus dem Munde von Matthias Schoenaerts klingt das alles gar nicht wie ein Vorwurf, sondern wie eine Feststellung. „Damals“, sagt er, „war das Kino nicht so eine Industrie wie heute. Damals hat man es noch nicht als Gelddruckmaschine betrachtet“.
Was so nicht stehen gelassen werden darf: „La piscine“ hatte sehr wohl einen sehr kommerziellen Hintergrund. Immerhin gab es hier ein wohl kalkuliertes Zusammentreffen zweier Superstars, die einst liiert waren. Am Set passte Schneiders Ehemann Harry Meyen eifersüchtig auf seine Romy auf. Die Presse schrieb sich die Finger wund. Die Erotik auf der Leinwand knisterte, als Delon Schneider das Bikini-Oberteil runterriss.
Im Remake ist die Stimmung deutlich unterkühlter: Swinton in der Schneider-Rolle, aber als verstummter Rockstar, agiert nicht sinnlich, sondern fahrig, Fiennes ist ein viel durchgeknallterer Ex-Lover als Ronet und Schoenaerts bekommt zu wenig Screentime, um sein ganzes Talent zu zeigen.
"Will ungestüm sein" (Foto: Katharina Sartena) |
„Ich will Dinge ausprobieren, ungestüm sein und vorwärts kommen“, sagt Schoenaerts. Genau wie in „Der Geschmack von Rost und Knochen“, der ihn 2012 bekannt machte. „Ich habe noch viel vor“. Ein Satz, dem man dem jungen Mann glauben kann, denn kaum jemand im europäischen Kino hat derzeit seine physische Präsenz und seine unaufdringliche, aber zugleich insistierende Aura. Delon hat einst ganz ähnliche Charakterzüge meisterhaft simpel dargestellt. Und sich nicht selten in die Rolle des Bösen begeben. „Das ist etwas, was ich wirklich mit ihm gemeinsam habe. Dieses Verlangen, den Bösen zu spielen“, sagt Schoenaerts. „Wenn man ehrlich zu sich als Schauspieler ist, dann sind das die einzigen Rollen, die zählen“.
Matthias Greuling, Venedig
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