"The Reluctant Fundamentalist" mit Riz Ahmed und Kate Hudson (Foto: La Biennale die Venezia) |
Die indische Regisseurin Mira Nair („Monsoon Wedding“) hat
nun mit Mohsin Hamids internationalem Bestseller „The Reluctant Fundamentalist“
(auf Deutsch als „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ erschienen) eine
ganz andere Sicht auf Amerika zu einem Film gemacht: Ein junger Emporkömmling
namens Changez Kahn (Riz Ahmed) steht hier im Zentrum, und sein Name klingt
nicht zufällig nach Dschingis Kahn. Er durchlebt einen rasanten Aufstieg, von
der Elite-Uni Princeton direkt an die Wall Street, wo er schnell Karriere
macht. Doch das ist lange her; heute unterrichtet der Pakistani in seiner
Heimatstadt Lahore an der Uni; hinter ihm vermutet die CIA eine Terrorzelle,
und eine Unterredung mit einem Journalisten (Liev Schreiber) nach der
Entführung eines anderen Uni-Professors dient als Rahmenhandlung für Kahns
Schilderung seines Lebensweges; es ist zunächst ein Weg voller Erfolge, der
sich aber nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ins Gegenteil verkehrt.
Changez‘ Beziehung zu seiner US-Freundin (Kate Hudson) geht zu Bruch, die
aufkeimende Ablehnung in der Bevölkerung und bei den Behörden gegen Muslime
bekommt Changez nun immer öfter zu spüren. Das Land, das ihn den amerikanischen
Traum leben ließ, es wird ihn nun zur Aufgabe desselben zwingen, und irgendwann
ist Changez klar, dass er in seine Heimat zurückkehren wird müssen. Er wird
sich gegen das wenden, was er jahrelang selbst idealisierte.
Mira Nair changiert auf der Basis der Buchvorlage mühelos
zwischen Aufsteiger-Story und Polit-Thriller und erhält sich dabei ihre ganz
eigene Art der Bildsprache aus atmosphärisch dichten, mit viel Farbe
angereicherten Szenerien. Für viele ist das Kitsch, Nair-Anhänger allerdings
sehen das gern. Trotzdem gerät „The Reluctant Fundamentalist“, der in Venedig
als Eröffnungsfilm außer Konkurrenz gezeigt wird, bald zu einem konventionell
erzählten enttäuschten Märchen, das es sich recht einfach macht, die Lebensumstände
von Changez vor einem komplexen Geflecht aus politischen oder religiös
motivierten Taten als bloß von banalem Egoismus und auch Selbstschutz
getriebene Abfolge von Entscheidungen darzustellen. Aber vielleicht ist gerade
dieses Manko ein vermeintliches; denn
dieser Film zeigt auch: Nichts im Leben ist uns letztlich näher als wir selbst,
und diese Banalität ist am Ende unser aller Antrieb.
Matthias Greuling, Venedig
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