"Ein
bisschen", sagt Christine Dollhofer, "ist unser Festival schon zur
Institution geworden. Es gehört mittlerweile nach Linz, die Förderer und
Sponsoren stehen dahinter." Entspannte Worte aus dem Munde der Leiterin
des "Crossing Europe"-Filmfestivals.
Doch das war
nicht immer so. Noch im Vorjahr, als Dollhofers engagierte Filmschau ihr
zehnjähriges Bestandsjubiläum feierte, brachen ihr wichtige Sponsoren weg, und
das Festival stand vor dem Aus. Die Situation war zum Fürchten, weil sich die
vielen Förderer und Sponsoren ein "fragiles Konstrukt" aus
Unterstützungsgeldern aufteilten. Fällt einer aus, kommt die Struktur ins
Wanken. "Ich hatte damals einen dramatischen Hilfeschrei lanciert",
erzählt Dollhofer.
Europagedanke im Mittelpunkt
Das Fürchten ist erst einmal vorüber, der Hilferuf zeigte Wirkung: Zur elften
Ausgabe von Crossing Europe gewann Dollhofer die oberösterreichische Energie AG
als neuen Hauptsponsor. Auch die Fördergeber zeigten sich spendabler, sodass
das Festival nun etwas mehr als 500.000 Euro zur Verfügung hat. "Damit
sind wir zwar immer noch nicht im Olymp der Förderungen, aber immerhin kann das
Festival auf diese Weise stattfinden", so Dollhofer. Verglichen mit
anderen heimischen Filmschauen ist das wirklich bescheiden: Die Viennale erhält
etwa rund 1,5 Millionen Euro allein von der Stadt Wien, die Diagonale in Graz
immerhin noch mehr als 600.000 Euro von öffentlichen Einrichtungen. Immerhin:
"Die Fördergeber haben eingesehen, dass sich nach zehn Jahren etwas
bewegen muss", sagt Dollhofer.
Dabei ist
"Crossing Europe" von seiner Bedeutung her keineswegs hinter den
genannten Festivals zu reihen. Im Gegenteil: Dollhofer hat über die Jahre eine
intelligent programmierte Filmschau etabliert, bei der der Europagedanke im
Mittelpunkt steht, weil Filme aus allen Teilen des Kontinents zur Aufführung
gelangen. "Uns geht es darum, die Vielgestalt des europäischen Filmschaffens
abzubilden und über Landesgrenzen hinaus zu blicken", so Dollhofer.
Weshalb das Festival auch Gelder aus dem europäischen Topf der
"Media"-Förderung erhält.
Kulturpolitisch unabhängig
Wenn am Freitag Abend zur Eröffnung also gleich sechs verschiedene Filme aus
ganz Europa zur Auswahl stehen, so ist für jeden Film(kunst)liebhaber etwas
dabei: etwa "Un château en Italie" von und mit Valeria Bruni-Tedeschi
aus Frankreich, "Under the Skin" des Briten Jonathan Glazer mit
Scarlett Johansson oder "Witching and Bitching" des Spaniers Álex de
la Iglesia. Auch bemerkenswert: die Doku "Double Happiness", für die
sich die Oberösterreicherin Ella Raidel nach China begab, wo man den Ort
Hallstatt eins zu eins nachgebaut hat. Insgesamt zeigt "Crossing
Europe" in den fünf Festivaltagen bis 30. April in den verschiedenen
Festivalsektionen 184 Spiel-, Dokumentar- oder Kurzfilme aus 37 Ländern. Das
Herzstück der Schau, der Wettbewerb, zeigt neun gewagte Produktionen junger
Filmschaffender: Hier kommen nur Erstlings- oder zweite Filme zur Aufführung,
darunter "Les Apaches" des Franzosen Thierry de Peretti, "Love
Steaks" des Deutschen Jakob Lass, "Via Castellana Bandiera" der
Italienerin Emma Dante oder "Violet" von Bas Devos aus Belgien.
Weil das
Festival anders als die Viennale oder die Diagonale nicht über langjährige
Förderverträge verfügt, muss es jedes Jahr erneut um sein Zustandekommen
kämpfen. "Das macht uns einerseits kulturpolitisch unabhängig", lobt
Christine Dollhofer diesen Vorteil, "andererseits ist für die Förderer und
Sponsoren dadurch die Bindung an das Projekt nicht so verbindlich."
Weshalb es dem Festival auch nicht möglich ist, finanzielle Reserven
anzuhäufen.
Dennoch ist
die bekennende Verfechterin des zeitgenössischen europäischen Kinos nicht trübe
gestimmt: "Wir finden, dass wir ein tolles Programm anbieten. Außerdem
kommen viele Regisseure zu uns und treten in Kontakt mit dem Publikum." In
diesem Jahr gehört etwa die italienische Regie-Legende Dario Argento zu den
Stargästen, er hat seinen neuen Film "Dracula 3D" mitgebracht. Damit
das Fürchten heuer auf die Leinwand beschränkt bleibt.
Matthias Greuling
Dieser Beitrag ist auch in der Wiener Zeitung erschienen.
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