Die Berlinale hat selten Glück bei der Wahl ihrer
Eröffnungsfilme. Immer wieder zeigt sich hier, wie schwer die Konvergenz aus
Anspruch, Kunst und Breitenwirksamkeit sein kann. Das war schon beim
desaströsen Stalingrad-Kriegsfilm „Enemy at the Gates“ im Jahr 2001 so, beim
laschen „Cold Mountain“ (2004) aber auch bei dem Abenteuerfilm „Man to Man“ (2005),
bei „The International“ (2009) oder im Vorjahr bei dem theatralisch
dahindümpelnden „Les Adieux à la reine“. Man könnte zahlreiche weitere
Beispiele listen, bei denen die großen Namen ihrer Regisseure viel versprachen,
letztlich aber wenig hielten. Es sind mittelmäßig interessante Geschichten,
zumeist uninspiriert inszeniert.
Tony Leung in Wong Kar-wais "The Grandmaster" (Foto: Berlinale) |
Martial-Arts in Reinkultur: "The Grandmaster" (Foto: Berlinale) |
Dass das Ergebnis dieser zeitintensiven Zusammenarbeit zwar als opulenter, poetischer Martial-Art-Film durchgeht, sich aber zu Gunsten der Kämpferei niemals wirklich auf seine Story rund um Kriegswirren, Täuschung, Anerkennung und Liebe einlässt, macht ihn zu einer langatmigen Studie über die Kunst der Körperbeherrschung. Wong Kar-wai nutzt – weil er auch zeitgleich der Jury-Präsident dieser Berlinale ist – den Rummel um seine Person zur Vermarktung dieses außer Konkurrenz vorgestellten Gemäldes. Aber „The Grandmaster“ wird das Schicksal so vieler anderer Eröffnungsfilme teilen: Er ist schon während des Abspanns in Vergessenheit geraten.
Dabei hat sich Wong Kar-wai wirklich Mühe gegeben, der komplexen Materie des Kung-Fu-Kampfes gerecht zu werden: „Im Rahmen von etlichen Interviews mit Großmeistern bin ich auf demütige, bescheidene und sehr disziplinierte Menschen gestoßen, die ein Stück chinesischer Kultur prägen. Mir ist es ein großes Anliegen, diese Werte und die für viele wohl ungewöhnliche Lebensform einem internationalen Publikum zu präsentieren, Perspektiven zu bieten und Anreize für eine weitere Beschäftigung mit der Thematik zu liefern“, sagte er in Berlin. Allein: In „The Grandmaster“ erschöpft sich dieses Anliegen leider bloß in warmfarbenen Schauwerten.
- Matthias Greuling
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